Wild West, терпение und das große weite Nichts

Liebe AbenteurerInnen,

nachdem wir unseren ersten Kulturschock am Flughafen überstanden haben, hatten wir nun Gelegenheit, die Kasachen etwas näher kennenzulernen. Dabei stellte sich heraus, dass sich hinter der ernsten, etwas rauen Schale oftmals durchaus ein freundlicher Kern verbirgt. Und es gibt einen großen Unterschied zwischen den West- und den Ostkasachen.

Der Westen des Landes wird nicht ohne Grund von dem Rest des Landes als ‚Wild West‘ bezeichnet. Und ganz ehrlich, bei den rauen Bedingungen im Westen muss man sich auch erst einmal ein sonniges Gemüt behalten.  Man muss halt manchmal etwas genauer hinsehen und sich nicht sofort ein Urteil bilden! Aber darum sind wir ja unter anderem auch hier, oder?

Und noch etwas haben wir gelernt. Wie in so vielen Regionen auf der Welt, muss man auch in Mittelasien‚ „терпение“, also Geduld, aufbringen. Wir dürfen das anlässlich der Verschiffung intensiv üben. Dass das Schiff endlich angekommen ist, heißt noch lange nicht, dass wir auch zügig unsere Wohnmobile bekommen. Erst einmal liegt es auf Reede. Aber dann geht es doch endlich los und Oleg und Dima fahren mitten in der Nacht zum Hafen, um die gesammelten Autos in die Käfige zu fahren. Das war ein freudiges Erwachen für alle!

Für die größeren Fahrzeuge, die nicht in einen Käfig passen, wird wieder eine Rampe gebaut. Da diese recht steil ist, verbleibt nicht immer allzu viel Bodenfreiheit. Eine insgesamt spannende Angelegenheit.

Und dann ist es endlich so weit. Einige Formalitäten für den Zoll und die Einfuhr sind noch zu erledigen und kurz vor Einbruch der Dunkelheit können die ersten Wohnmobile das Hafengelände verlassen. Von den im Hotel Verbliebenen werden sie mit einem Getränk in der Hotelbar freudig empfangen.

Einigermaßen ausgeschlafen geht es dann am nächsten Tag entspannt weiter. Wir füllen alle Tanks und Schränke, insbesondere die Kühlschränke, und bei überraschend angenehmen Temperaturen machen wir uns auf den Weg in das große weite Nichts.

Dabei entpuppt sich das Nichts als abwechslungsreicher als vermutet. Und zwischen zwei unterschiedlichen ‚Nichts‘ gibt es dann auch noch wunderschöne Landschaften zu bewundern. Wir sind positiv von der Vielfalt der kasachischen Steppe überrascht.

 

Wir hatten großen Respekt vor der Hitze in der Steppe. Wasservorräte wurden aufgefüllt, Tipps für das Runterkühlen der Körpertemperatur erteilt und es wurde diskutiert, wie der Ventilator für das beste Kühlergebnis eingestellt werden muss. Manchmal sieht die Realität aber anders aus: Tatsächlich ist es fast kalt und es hat die ganze Nacht geregnet. Am nächsten Morgen stecken wir im Schlamm und Matsch fest. Es gibt kein Entkommen, wir sitzen definitiv fest.

Wir überbrücken die Zeit bis die Rettung kommt mit der Besichtigung einer weiteren unterirdischen Moschee. Beket Ata trägt den Namen von Beket Myrzagli-ulu, der Sufi und Batyr, der von modernen Gläubigern als Heiliger verehrt wird. Jedes Jahr pilgern viele Muslime zu der Moschee und bereits der Weg dorthin ist sensationell.

Als wir zurück sind, haben Einheimische bereits Ernst aus dem Schlamm gezogen und auf sicheren Asphalt abgestellt. Leider fährt sich beim nächsten Versuch der Laster selbst fest, wird aber von einem 6×6-Laster schnell befreit. Und dann trifft die professionelle Rettung ein. Das erste Auto wird mit Leichtigkeit geborgen. Bei Sepp beißen sie sich fast die Zähne aus, schaffen es aber dann doch.

 

Als alle geborgen sind, treffen immer mehr Hilfskräfte ein. Wir hatten so ziemlich jede Notrufnummer angerufen und das hat hohe Wellen geschlagen. Selbst hochrangige Offiziere von weit her treffen ein. Die Verantwortlichen wollten sich selbst davon überzeugen, dass wir befreit sind. Und natürlich wird die Geschichte auf Instagram gepostet…irgendwie schaffen wir es in jedem Land in die Medien.

 

Im Anschluss machen wir uns an die Säuberung der Autos und Utensilien wie Abschleppseile und insbesondere unserer Schuhe. War eine aufregende Angelegenheit. Abenteurer Touren halt!

 

Unsere Rettungsaktion scheint sich weiträumig herumgesprochen zu haben. In Dossor werden wir bereits erwartet und dürfen unmittelbar vor dem Rathaus mit einer schönen Anlage stehen. Eine Audienz beim Bürgermeister darf da nicht fehlen. Irgendwie haben wir auch hier mal wieder einen Bekanntheitsgrad erlangt.

Unsere Einschätzung der Kasachen hat sich durch unser kleines Abenteuer in der Steppe natürlich nochmals positiv verändert. Jeder wollte uns helfen und war an unserem Wohlbehalten interessiert. Wir wiederholen uns gerne und bestätigen nochmals: Man muss halt manchmal etwas genauer hinsehen und sich nicht sofort ein Urteil bilden! Mit diesen Worten verabschieden wir uns bis nächste Woche und sind selbst gespannt, von welchen Abenteuern wir berichten werden.

Euer Abenteuer-Touren-Team Dima, Donat, Tsyren und Ines