Unsere letzten gemeinsamen Reisetage in der Türkei
Iyi Günler – Guten Tag,
Schön, dass ihr uns bis zum Ende dieser spannenden und schönen Reise begleitet.
Endlich in das Grenzgebiet der Türkei geschafft! Lange haben uns die Türken im Niemandsland warten lassen. Günay, unser lokaler Guide, hilft nun den Fahrer/innen durch die Kontrolle, während Anton die Beifahrer/innen auf die türkische Seite lotst.
Es ist noch früh genug und wir schaffen es noch bis Mardin zu fahren. Durch grüne Landwirtschaft Gebiete führt unser Weg. Das Wetter ist recht wechselhaft und ein paar kommen sogar in einen Hagelschauer. Doch alle schaffen es gut bis zu unserem Stellplatz.
Durch die schmalen Gassen hoch in die hübsche Stadt Mardin am Berghang suchen wir uns ein Restaurant, um mit den letzten „Abtrünnigen“ noch einmal zusammen zu sitzen. Ab morgen sind wir nur noch sechs Fahrzeuge, die die Türkei bis Göreme gemeinsam bereisen wollen.
Unser erster Weg führt nach Sanliurfa. Nur wenige Schäden hat dieser Ort durch das diesjährige Erdbeben erlebt, doch die anschließende Überflutung hat stark zugesetzt. Auch jetzt sind die Aufräumarbeiten (vor allem in der Tiefgargage unter uns) im Gange. Drei Etagen mit Autos sind vollgelaufen und es wird jeden Tag Wasser und Schlamm rausgepumpt. Das Museum hinter uns ist, ebenfalls aufgrund der Wasserschäden, weiterhin geschlossen.
Andere Teile Sanliurfas, die nicht direkt auf Feuchtgebiet errichtet wurde, kamen besser davon. Wir können den Park mit den Fischteichen besuchen. Diese Fischteiche sind nicht nur schöne Becken mit Wasser und Fischen, sondern eine Gedenkstätte. Hier hätte Abraham verbrannt werden sollen. Doch das Feuer wandelte sich in Wasser und das Holz in Fische. So überlebte Abraham und auch die Tochter des Herrschers Nimrod, welche gegen die Tötung Abrahams war.
Bei der Moschee dürfen wir einen Blick in die Geburtshöhle Abrahams werfen. Viel sieht man nicht und gemäß älteren Einheimischen, konnten sie als Kinder noch in der Höhle spielen. So ändert die Zeit den Blickwinkel auf Geschehnisse und Orte.
Die Schuhe mussten ausgezogen werden und Männer und Frauen waren natürlich getrennt.
Ganz begeistert sind wir vom Souk. Er scheint wirklich noch für die lokalen Menschen da zu sein und nicht nur für Touristen. Sehr viel Handwerk – Schmiede, Schreiner, Schlosser, Schneider, doch daneben auch Kleider, Gewürze, Datteln und Süsskram. Das alles zu vernünftigen Preisen. So kaufen wir gerne noch ein paar Kleinigkeiten.
Begleitet werden wir von einem jungen Türken (13 Jahre), der gerne später Reiseleiter werden möchte. Er passt gut auf, dass keiner von uns im Souk verloren geht.
Weiter hat Sanliufa noch seinen Hausberg Eyyübiye mit Burg zu bieten. Die Aussicht über die Stadt mit der großen Moschee ist lohnenswert.
Die hübschen Höhlenrestaurants auf dem Weg laden ein, eine Pause einzulegen. Der hier gerne genossene Kaffee schmeckt auch ohne Zucker schon etwas süßlich und leicht nussig – sehr zu empfehlen.
Der Früchte- und Gemüsemarkt liegt noch auf dem Rückweg und verlockt, sich mit Vitaminen einzudecken. Zum Abschluss des Tages werden wir von Margrit und Uwe mit alkoholfreiem Punsch mit frischen Erdbeeren verwöhnt – Vielen lieben Dank, hat super lecker geschmeckt. Das war ein lohnenswerter Tag.
Von Sanliurfa aus ist es nicht weit zu den türkischen Trullihäuser in Harran. Wir schauen uns diese charmanten Häuser außen und auch innen an. Viele diese Häuser werden auch heute noch als Lagerräume, Tierställe und auch als Wohnräume genutzt. Wenn eine Verheiratung anstand, wurde einfach ein weiterer Raum angebaut und für das frisch getraute Ehepaar eingerichtet.
Wir werfen noch einen Blick auf die Überreste der ältesten islamischen Universität (Madrasa of Harran) der Welt (ca. 8-12 Jhd.). Viel steht nicht mehr, doch es ist schon erstaunlich, wie früh es hier eine Hochschule mit vielen Wissensgebieten gab. Während in anderen Ländern gewisse Themen als Gotteslästerung angesehen wurden, konnte sich hier intensiv damit beschäftigt werden. So bekam die Universität bereits damals einen renommierten Ruf und wurde als Zentrum des Wissens und Lernens gefeiert.
Göbekli Tepe, der älteste bekannte Ort der Welt, wo eine Gottheit oder Götter verehrt worden sind. Entdeckt wurde er 1963. Jedoch erst ab 1995 wurden archäologischen Ausgrabungen gemacht, welche bis heute andauern. Die heutige Erkenntnis ist, dass die Pyramiden in Ägypten vor ca. 6500 Jahre gebaut worden sind, während Göbekli Tepe jedoch bereits vor 12000 Jahren aufgegeben worden ist. Somit ca. doppelt so alt ist. Um so erstaunlicher, was man hier noch zutage fördern kann. Unter der Erde begraben fand man viele, bis zu 6 Meter hohe, zum Teil verzierte Steine, die Kreise formten. Wofür genau, wer kann es sagen …
Was jedoch bewiesen scheint, dass hier eine große Ansammlung von Menschen lebten und religiöse Riten vollzogen. Diese mussten alle ernährt werden. Somit war dies wohl die erste Gemeinschaft mit intensiver, bewusster Landwirtschaft. Während wir in Europa noch Jäger und Sammler waren, hatte hier bereits eine Kultur ihren Höhepunkt erreicht. Kein Wunder also, ist dies auch ein UNESCO-Weltkulturerbe.
Unser Weg ins Taurusgebirge führt durch wunderschöne Landschaften.
Nationalpark Nemrut Dagi – ein Grabhügel auf einem Berg des Taurusgebirge. Es ist die höchsten Erhebungen des nördlichen Mesopotamiens.
Wir fahren gemütlich den Berg hoch und müssen nur noch die letzten paar hundert Meter laufen. Die Vorstellung nur diesen kurzen Weg mit zusätzlichen Kalksteinbrocken beladen zu erklimmen, ist nicht erfreulich. Wie haben es die Menschen damals nur geschafft, diesen 50-70 m hohen Berg aufzuhäufen. Ob es wirklich ein Grabhügel ist, ist nicht geklärt. Es wurde noch niemand darin gefunden. Beeindruckend ist der Hügel jedoch allemal und König Antiochos I. Theos (69–36 v. Chr.), der sich hier ein Denkmal errichten lassen ließ, hat es geschafft. Man denkt immer noch an ihn.
Die vielen riesigen Figuren, die leider ihre Köpfe nicht mehr auf den Schultern tragen, zeugen von großem handwerklichem Geschick und waren tatsächlich früher unter dem Hügel begraben. Die künstliche Bergspitze war also viel höher als heute.
Obwohl hier oben am Schattenhang des Nemrut Dagi noch Schnee liegt, bleiben wir bis zum Sonnenuntergang und genießen den Blick von rund 2100 Metern über Meer auf die umgebenden Bergketten.
Ein kurzer Abstecher von der Hauptroute bringt uns nach Divrigi. Über steile und schmale Wege kommt man zum Parkplatz am Rande eines Canyons. Hier können wir auf Holzstegen und – Terrassen tiefe Blicke ins Tal werfen. Wirklich schön. Obwohl für den Baufachmann die Konstruktion nicht immer überzeugend ist.
Wem das aber noch nicht abenteuerlich genug war, kann sich noch auf die große Glasterrasse stellen. Für die eine oder den anderen eine echte Überwindung.
In Kappadokien erwarten uns Natur- und Geschichte gleichzeitig. Haben doch die Menschen ihre damaligen (und zum Teil bis in die heutige Zeit) Behausungen direkt in die Felsen gehauen. Im Freilichtmuseum von Göreme bestaunen wir viele Kirchen und deren Wandmalereien. Leider sind Fotos untersagt, es sind wirklich schöne Bilder.
Ein weiterer Stopp bei der Stadt Uchisar. Hier sind einige Höhlenwohnungen in Restaurants umgebaut worden. Viele sind jedoch inzwischen verlassen, da die Annehmlichkeiten einer Wohnung wie Strom, Wasser, Zentralheizung doch die Höhle bei weitem übersteigen.
Ein anderer Höhepunkt in Kappadokien ist der Höhlenbesuch in einer der etwas 30 unterirdischen Städte. Fast 5 Stockwerke tief führt unser Weg durch oft schmale und niedrige Gänge. Da heißt es Kopf einziehen und durch. Von diesen Tunnels aus geht es rechts und links in viele von Menschen geschlagene Höhlenzimmer und weitere Gänge. Wer das alles erkunden möchte, könnte wohl Stunden damit verbringen und wird sich wahrscheinlich verirren. Wir bleiben auf dem Hauptweg und sind dabei tief beeindruckt von dieser Höhlenstadt.
Nach diesem spannenden und interessanten, aber auch langen Tag ist hier in Kappadokien nun wirklich unser letzter gemeinsamer Abend angebrochen. Es stimmt etwas traurig, doch mit dem großartigen traditionellen Essen und dem leckeren Wein wird es ein richtig schöner Abend.
Gestern hatte es nicht geklappt. Ganz umsonst wurden wir um fünf Uhr morgens abgeholt. Doch heute wollen wir es nochmals probieren. Wieder stehen wir bereit und werden mit einem Kleinbus zum Startplatz der Heißluftballons geführt. Alle auf dem Platz sind im vollen Einsatze und die ersten Ballons sind schon bereit ihre menschliche Fracht aufzunehmen. Es geht nicht lange, kann unsere kleine Truppe auch in den Korb klettern. Noch ein paar Instruktionen, wie man sich bei der Landung verhalten soll und kurz darauf geht es ab in die Höhe.
Mit vielen, vielen anderen Ballons geht die Fahrt (Ballons fliegen nicht, sie fahren mit dem Wind 😉) über und in die Täler mit den bizarren Felsformationen. Nach knapp einer Stunde landet der Ballon mit vielen glücklichen und begeisterten Fahrenden punktgenau auf dem Anhänger. Mit einem Glas Sekt wird gefeiert und mit dem Zertifikat geht es zurück auf den Platz.
Wir haben noch so viel mehr gesehen in der schönen, frühlingshaften Türkei und es gäbe noch soooo viel mehr zu sehen. Doch irgendwann ist jede Reise zu Ende. Nach dem gemeinsamen Frühstück trennen sich nun die Wege. Das war ein schöner Abschluss.
Auf der Rückreise haben wir Jordanien, Irak, Irak Kurdistan und die Türkei besucht– kein Land war wie das andere. Alle spannend, interessant und waren es wert, besser kennen gelernt zu werden. Die Reiselust ist ungebrochen. Wir sind gespannt, was als Nächstes kommt. Wir hoffen, euch bald wieder einmal zu sehen.
Somit güle güle – auf Wiedersehen, vielleicht auf einer anderen Reise in einem anderen Land 😊
Euer Team vor Ort Werner, Claudia und Lino (und unser lokaler Guide Günay)