Durch das wilde Bergland der Türkei vor die irakische Grenze

Liebe Reisefreunde und -freundinnen,

İyi günler ve iyi yolculuklar – Guten Tag und schöne Reise wünschen wir.

In diesem Bericht fahren wir durch die Hochlande, von Georgien über die Türkei bis an die irakische Grenze. Wir passieren atemberaubende Landschaften, fantastische Blicke und über 10.000 Schafe. Schön, dass ihr wieder mit dabei seid!

Von Wardsia, der riesigen Höhlenstadt, machen wir uns auf den Weg zur türkischen Grenze mit dem hier in Georgien oft vorkommenende Gegenverker. Kühe, Schafe, Ziegen, Esel, Pferde und auch Truthähne und Hühner sind keine Seltenheit auf der Straße.

Bei der Grenze auf ca. 2000 m Höhe werden wir von einem sehr korrekten, aber auch sehr freundlichen türkischen Zollbeamten genauestens kontrolliert. Pünktlich zu seiner Mittagspause um 12 Uhr sind wir alle ohne Beanstandung in der Türkei angekommen.

Es ist oft kaum vorstellbar in welcher Art von Behausung die Leute hier leben. Es ist doch recht kalt in einer Höhe zwischen 1700 und 2200 m über dem Meeresspiegel. Trotzdem gibt es hier oben viele Dörfer und sogar Städte, die meisten leben von der Landwirtschaft. Oft werden sie von ihren im Ausland arbeitenden Familienmitgliedern finanziell unterstützt.

Unser erstes Ziel in der Türkei ist es, über die hohen Berge bis zum Cildir-See zu gelangen. Er ist der größte Süßwassersee und der zweitgrößte See Ost-Anatoliens. Er befindet sich nahe der Grenze zu Georgien und Armenien, liegt auf 1959 m Höhe und ist umgeben von Bergen. Im Winter friert er trotz seiner Tiefe von 42m vollständig zu. So ist es kein Wunder, dass dieser See sowohl im Sommer (Lufttemperatur bis +40°C), wie auch im tiefsten Winter (Lufttemperatur bis -40°C kalt) ein beliebtes Ferienziel ist. Im Moment haben wir den See jedoch fast für uns alleine.

Neben den touristischen Highlights hier auch noch ein kulinarischer Tipp von uns: Es lohnt sich den würzigen Käse der Region zu probieren. Die Kunst der Käseherstellung hatten, auf Wunsch des Zarens von Russland, schweizer Käsermeister übermittelt.

Nach einer kalten Nacht geht es durch weite Steppenlandschaft in großer Höhe (bis 2300 m) weiter. Leider vermiest der Nebel etwas die Sicht. Doch wenn er sich erbarmt und verschwindet, dann lohnt es sich absolut.

Viele Hirten treiben nun ihre Schafherden in tiefe Lagen. So haben wir heute auf der Fahrt wohl an die 10.000 Tiere gesehen. Einige Hirtenhunde haben mehr als wehrhafte Halsbänder an – ob als Schutz gegen Wölfe oder gegen andere Hunde ist nicht so klar.

So viele Schafe wie am heutigen Tag haben wir wohl noch nie gesehen.

Von einer schöner Bergkette geht es zur nächsten. Man weiß gar nicht, wohin man blicken soll. Lediglich der gewaltige Berg Ararat will nur seine weiße Bergspitze zeigen und versteckt sich ansonsten im Nebel.

Der Ishak Pascha Palast ist leider nicht mehr vollständig erhalten, doch was noch erhalten wurde, ist ein Meisterwerk filigraner Steinkunst.

Auf 7600 m² und zwei Etagen zählte der Palast nach einer Beschreibung von 1956 ursprünglich 366 Zimmer. Viele waren mit Türen untereinander verbunden. Beidseits des äußeren Hofes lagen Nebenräume, vom zweiten Hof waren die Wohn- und Aufenthaltsräume der Männer (selamlık) und die Moschee zugänglich. Der sehr schön gestaltete Frauenwohnbereich mit dem Salon und den Funktionsräumen bildete den hinteren Westteil. Darin gab es auch ein extra Bad für die Damen.

Die meisten Räume waren sehr klein, um im Winter durch einen offenen Kamin beheizt werden zu können. In den Wänden entlangführende Luftschächte zeigen, dass viele Räume außerdem an eine zentrale Heizungsanlage angeschlossen waren. (Leider ist das nun nicht mehr so.) Es gab fließendes Wasser und ein Abwassersystem. Einfach erstaunlich, was damals schon alles möglich war.

Vor dem Palast lassen sich gerne Hochzeitspaare ablichten. Die Braut ist nicht wie bei uns in weiss, der Farbe der Unschuld, sondern in rot gekleidet. Rot ist hier die Farbe der Unschuld.

Freundlich und offen, wie die meisten Türken sind, lassen sie sich gerne und auch stolz von uns fotografieren.

Abends genießen wir gemeinsam ein typisch türkisches Abendessen. Vom Restaurant aus hat man einen fantastischen Blick auf den bleuchteten Palast.

Weiter geht es über die Berge zum Vansee. Der Wettergott hat ein Einsehen und beschert uns fantastische Aussichten. Staunend fahren wir durch eine leicht verschneite Berggegend. Dabei sind wir immer wieder überrascht auf welcher Höhe hier noch Siedlungen zu finden sind. Uns fällt auch auf, dass die Bauernhöfe und Dörfer viel gepflegter und in besserer Qualität gefertigt sind, als in Georgien.

Immer wieder wechselt die Landschaft von Steppe zu Lavafeldern und von schroffen Bergen zu sanften Hügeln.

Als Zwischenstopp ein wunderschöner Wasserfall – was heißt ein Wasserfall. Als wir uns ein wenig mehr umsehen auf den gut angelegten Pfaden, entdecken wir eine ganze Ansammlung an Wasserfällen! Ein tolles Fleckchen Erde.

Hier am See bleiben wir für die Nacht. Der Vansee in Ostanatolien ist so etwas wie eine riesige Badewanne, er hat nämlich keinen Ablauf. Er ist der größte See der Türkei, der größte Sodasee der Welt und weist einen Salzgehalt von rund 23 Gramm pro Liter auf sowie einen alkalischen pH-Wert von 10. Trotzdem gibt es in diesem See leckeren Karpfen, der überall an der Straße günstig verkauft wird.

Wir sind unterwegs nach Midyat. Die Bergwelt von rund 2000m runter bis auf 1000m ist umwerfend. 200km abwechslungreich und einfach nur schöööööön! Leider können wir hier nicht die rund 200 Bilder zeigen, die auf der Fahrt entstanden sind.

Bei den Sehenswürdigkeiten unterwegs trifft man immer wieder auf bekannte Gesichter. Hier bei der Malabadibrücke über den Fluss Batman aus dem  Jahre 1147. Mit fast 41 Metern lichter Weite und beinahe 282 Metern Gesamtlänge ist sie eine der längsten Steinbogenbrücken der Welt.

In Midyat stehen wir im Zentrum der Stadt. Optimal für eine Stadtführung an diesem interessanten Ort mit einer der schönsten historischen Altstädte der Region. Ursprünglich wurde die Stadt von Aramäern-Assyrern bewohnt. Heute leben dort überwiegend Araber und Kurden. Auf kleiner Fläche kann man eine Vielzahl herrlicher Häuser mit gekonnt verzierten Fassaden finden.

Wir können auch eine unterirdische Wohnung besichtigen. Es wird geschätzt, dass in dem Gebiet mindestens 60.000 bis 70.000 Menschen unter der Erde lebten. Damit wäre die Kellersiedlung annähernd so groß wie die moderne Stadt oben.

Hier gibt es Jahrhunderte alte Kirchen, die jedoch meist verschlossen sind. Einige sind wie Burgen aufgebaut, geöffnet werden sie nur noch für den Gottesdienst – das Leben für die Christen war nicht immer so einfach in dieser Gegend.

Unser Guide Levent sorgt dafür, dass für uns eine der Kirchen geöffnet wird und wir das Innere mit dem Altar und den wunderschönen Wandteppichen bewundern können.

Interessant: Ist der Altar hinter einem Vorhang verborgen, wird das alte Testament zur Hand genommen, ist der Vorhang geöffnet, wird aus dem neuen Testament vorgelesen.

Midyat ist seit 1478 Sitz des syrisch-orthodoxen Bischofs. Seit 2009 residiert der Bischof im wunderschönen Kloster Mor Gabriel (Heiliger Gabriel), welche auch eine Schule für geistliche, sowie auch weltliche Schüler beherbergt. Das Kloster stammt aus dem Jahre 397 südöstlich der Stadt Midyat in der kargen Berglandschaft des Tur Abdin (übersetzt „Berg der Knechte“, gemeint sind die Knechte Gottes). Es ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt. Bis heute ist es eines der bedeutendsten Klöster der Syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien.

Durch das Kloster laufen wir mit einer sehr informativen Führung. Unser Begleiter ist ein ehemaligen Schüler der Einrichtung, der aufgrund der Liebe der geistlichen Laufbahn den Rücken zugewandt hat. Er erzählt uns vom Glauben, der Geschichte und beantwortet auch sehr offen Fragen zur aktuellen Lage. Überrascht hat uns dabei, dass er erzählt, dass es den Christen seit einigen Jahren wesentlich besser gehen soll als früher.

Die Altstadt von Mardin schmiegt sich an den alten Burghügel und blickt über die Tiefebene von Mesopotanien, an deren Rand sie liegt. Im Norden und Westen erhebt sich der Tur Abdin.

Die Altstadt ist voller Leben und ein spannender Laden reiht sich an den nächsten: Metzgereien-, Goldschmuck-, Seifenstraßen und und und. Viele hübsche Cafés mit zum Teil fantastischer Aussicht über Berg und Tal laden zum Genießen eines Tees oder türkischen Kaffees ein.

Leider hat nicht alles so geklappt, wie mit den irakischen Behörden besprochen und so fahren wir morgen vorerst ohne Visum zuerst einmal in den kurdischen Nordirak. Pionierfahrten haben eben immer noch ein Plus an Abenteuer!

Irak wird auf jeden Fall spannend. Wir rechnen fest damit, dass ihr uns dabei wieder begleitet. Bis bald.

Euer Team vor Ort
Valery, Ararat, Claudia und Lino