Auf dem Weg in Richtung Samarkand

Liebe Reisefreundinnen und Reisefreunde,

Usbekistan ist uns nicht mehr ganz unvertraut, in die wunderschönen Städte Chiva und Buchara sind wir tief eingetaucht, haben wir richtiggehend studiert. Wir haben bereits viel erlebt, in Usbekistan und vor allem auch mit den Usbeken, aber wir haben noch lange nicht genug. Inzwischen haben wir uns auf den Weg in Richtung Samarkand gemacht und sind gespannt darauf, was uns noch erwartet.

Die vielleicht wichtigste Sache scheint bislang ein wenig kurz gekommen zu sein: Wie selbstverständlich nimmt auch in Usbekistan das Essen einen hohen Stellenwert ein. Besonders hoch gehandelt wird in den täglichen Gesprächen ein ganz bestimmtes Gericht: Plov. Der mit Fleisch und Karotten gedämpfte Reis ist ein nationales Juwel.

Zu einem solchen echten usbekischen Plov (für dessen Zubereitung Baumwollsamenöl, Karotten, Kichererbsen, Hammelfleisch und unglaublich viel Reis verwendet werden) lädt uns die Familie Inoyat ein, die in dem Dorf O’qlon in der Nähe von Samarkand leben. Farhod präsentiert uns stolz sein Plov.

Und seine Frau Valentina zeigt uns, wie man auf traditionelle Weise Brot bäckt. Wir verbringen einen interessanten Abend, haben dabei nicht nur Gelegenheit, das Leben der Einheimischen, sondern auch ihre Herzlichkeit und Gastfreundschaft kennenzulernen.

Und am Morgen darauf werden wir noch zu einem tollen Frühstück eingeladen. Herzlichen Dank dafür.

In Samarkand parken wir in der Nähe des Registan, dem vielleicht berühmtesten Platz in ganz Usbekistan, dessen Name übersetzt so viel wie „Platz des sandigen Orts“ bedeutet.

Jeden Abend genießen Einheimische und Besucher eine atemberaubende Licht- und Musikshow. Wie selbstverständlich reihen sich viele von uns in die friedliche Menge ein.

Die Nordseite des Platzes wird von der Tilla-Kori-Madrasa abgeschlossen, die von 1646 bis 1660 auf den Ruinen der Karawanserei von Ulugh Beg errichtet wurde. Deren wunderschöne Frontfassade ist eine beliebte Kulisse für Hochzeitsfotos.

Zu manchen Zeiten bilden sich hier Schlangen festlich gekleideter Brautpaare. Da die Hochzeit für viele Usbeken einer der wichtigsten Momente im Leben ist, wundert es nicht, dass dieser Ort im Herzen ihres Landes so beliebt ist.

Die vergoldete Innenausstattung der Tilla-Kori-Madrasa ist wirklich spektakulär, darüber sind wir uns alle einig. Der ursprüngliche Plan sah vor, das gesamte Bauwerk noch größer zu bauen. Als das Geld knapp wurde, musste das Projekt zurückgeschraubt werden.

Im Inneren bestaunen wir eine interessante Ausstellung von Schwarz-Weiß-Fotografien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die uns einen lebhaften Eindruck von der Zeit vor dem Wiederaufbau von Samarkand vermittelt.

Die Sher-Dor-Madrasa wurde zwischen 1619 und 1620 an der Ostseite des Registan-Platzes errichtet. Ihre kannelierten Kuppeln und die einzigartige Fliesendekoration von Muhammad Abbas bilden zusammen ein wahres Meisterwerk.

Die Hauptfassade ist mit einzigartigen Bildern von zwei Tigern, die eine Gazelle angreifen, sowie zwei Sonnen mit menschlichem Gesicht verziert, was für ein islamisches Gebäude aufgrund des Bilderverbots ziemlich einzigartig ist. Eine Abbildung der Vorderseite dieser Madrasa, deren Name „Tiger besitzend“ bedeutet, findet auf der 200-SUM-Note.

Der gesamte Platzkomplex ist sicherlich eines der schönsten Bauwerke Zentralasiens.

Er wurde im frühen 15. Jahrhundert von Ulugh Beg gegründet, aus dessen Zeit die grandiose Ulugh-Beg-Madrasa an der Westseite des Platzes erhalten ist. Sie wurde von 1417 bis 1420 erbaut: Ulugh Beg hielt hier nach ihrer Eröffnung persönlich Vorlesungen über Astronomie, Mathematik und Philosophie.

Die Madrasa besteht aus einem 35 Meter hohen Portal, einer inneren Moschee sowie einem großen Innenhof, der von zwei Stockwerken mit kleinen Zellen flankiert wird, die als Lehrerbüros, Klassenzimmer und Schlafsäle für Studenten dienten.

Einige ehemalige Klassenzimmer wurden zu Geschäften umfunktioniert. Hier werden handgeschnitzte Holzprodukte, farbenfrohe Kleidung, Seidenschals, verzierte Kamelknochen, verarbeitetes Leder sowie Teekannen, Schüsseln und verzierte Messer verkauft. Wer von uns noch Souvenirs suchte, wurde spätestens hier fündig.

Siyob heißt der vielleicht legendärste Basar in Samarkand. In dessen Hauptteil können wir Obst, Gemüse, Nüsse, Kuchen, Süßigkeiten, Gewürze, Käse und andere vieles mehr kaufen. Besonders angezogen werden wir von dem „Non“ genannten Brot, dessen Herstellung wir bereits kennengelernt haben.

Es ist golden und hat die Form eines Rads, auf dem in der Mitte das Emblem des Bäckers oder der Bäckerei aufgedruckt ist. Die kunstvollen Brote sehen nicht nur wunderschön aus, sie schmecken auch wirklich ausgezeichnet.

Das Gur-Emir-Mausoleum ist eines der unsterblichen Symbole der Seidenstraße. Es ist mit blauen Fliesen bedeckt, deren Anzahl niemand zu erraten wagt. Dennoch hält uns niemand vom insgeheimen Schätzen ab.

Unter der riesigen Kuppel fand der berühmte Timur der Große, auch bekannt als Timur der Lahme oder kurz: Tamerlan, seine letzte Ruhestätte. Seine Armeen wurden von vielen Völkern gefürchtet, seine Herrschaft ist gekennzeichnet durch Brutalität und Tyrannei.

Selbst dort, wo er nicht war, hörte man schreckliche Geschichten über ihn. Angesichts einer solch einzigartigen Pracht sind wir versucht, immerhin für einen Augenblick die Geschichte ihres Entstehens außer Acht zu lassen.

Die Bibi-Chanum-Moschee ist benannt nach der Frau von Timur und das größte aller Heiligtümer in Samarkand. In der Mitte des großen, von Bäumen beschatteten Hofes steht ein Koran aus Marmor. Eine Legende besagt, dass eine Frau, die sich ihm hingibt, von Allah mit vielen Kindern belohnt wird.

Der Enkel von Timur, Ulugh Beg, unterschied sich stark von seinem Großvater. Er war nicht an der Eroberung von Ländern interessiert, sondern an der Eroberung und dem Erlernen des Nachthimmels oder der Mathematik. Denn er glaubte, dass die Menschheit durch Wissenschaft und nicht durch Kriege vorankommen würde. Bald ein bedeutender Ort des Lernens, wurde dieses Observatorium im frühen 15. Jahrhundert erbaut.

Ulugh Beg beschrieb durch Beobachtung sogar die Länge des Jahres mit 365 Tagen, 5 Stunden, 49 Minuten und 15 Sekunden – gemäß heutiger Berechnungen irrte er sich nur um 25 Sekunden. Die Ruinen des Sextanten machen die Bedeutung des ganzen Ortes aus. Als der russische Archäologe Vyatkin sie 1908 entdeckte, war das eine Sensation.

Gegenüber der Sternwarte befindet sich ein kleines Museum. Hier können wir Rekonstruktionen des Observatoriums und Modelle einiger der Gebäude sehen, die Samarkand berühmt gemacht haben.

Hier erfährt man auch, dass Ulug Begs Gebäude das berühmte Jantar Mantar in Jaipur, Indien, beeinflusst hat. Geht es nicht beim Reisen vielleicht vor allem darum: zu erkennen, wie sehr die Welt miteinander verbunden ist?

Die schönste Nekropole in ganz Zentralasien liegt in Samarkand: Shohizinda. Die prächtigen Gräber der Familie Timurs sowie die seiner Feldherrn geben uns einen Einblick in die künstlerisch geprägte Epoche des 15. Jahrhunderts. Immer wieder glauben wir, ins tatsächliche Räderwerk der Geschichte schauen zu können.

Hier befindet sich auch das Grab von Kusam ibn Abbas, einem Cousin des Propheten Mohammed, was Shohizinda zu einer der heiligsten Stätte Samarkands macht.

Shohizinda – „Lebendiger König“ – scheint ein etwas paradoxer Name für einen Komplex voller Gräber. Die lange, breite Straße ist in Schatten getaucht, den die hohen, ausgiebig dekorierten Gräber werfen. Und wir, mittendrin, versuchen, diese scheinbar widersprüchliche Atmosphäre um uns herum zu verstehen.

In einem gemütlichen Hausrestaurant namens Oriental Sweets lernen wir gemeinsam neben anderen Leckereien die nächste typisch usbekische Köstlichkeit kennen:

Dymlyama –ein schmackhafter Eintopf aus Kartoffel­n, Zwiebeln, Knoblauch, Karotten, Tomaten, Rüben, Paprika, Kohl und Lamm-, Kalb- oder Rindfleisch. Die Zutaten werden schichtweise in ihrem eigenen Saft geschmort. Das Ergebnis ist ein herzhaftes, köstliches Gericht.

Unsere Freunde, zwei unserer Mitreisenden, haben uns zu diesem Abschlussabend dieser Etappe eingeladen. Wir fühlen uns geehrt, den 40. Jahrestag der beiden mitfeiern zu dürfen.

Unserem Jubiläumspaar wünschen wir zum Abschluss noch viele gemeinsame Jahre und zahlreiche interessante Reisen. Schließlich wissen wir alle, dass die beste Reise die gemeinsame ist – vielleicht weiß das niemand so gut wie wir. Auch unsere diesmalige Reise ist noch bei Weitem nicht vorbei, lediglich diese Etappe neigt sich nun dem Ende zu. Bis zur nächsten, von der wir bald berichten werden, wünschen wir alle Gute,

Euer Reiseteam vor Ort, Mirka, Gerd, Dima und Ulugʻbek